Grundsätzliches
Anpassung der Besteuerung von E-Fahrzeugen ist überfällig
Am 1. Dezember 2020 haben Kantonsrat Dr. Rudolf Bopp und sechs Mitunterzeichner die Motion «M 15/20: Einführung einer gesonderten Motorfahrzeugsteuer für Elektrofahrzeuge» eingereicht und angeregt, dass im «Gesetz über die Motorfahrzeugabgaben die Besteuerung von Motorfahrzeugen mit ausschliesslich elektrischen Antrieben separat geregelt werden soll». Die Grünliberalen sind erstaunt, dass derselbe Regierungsrat, der am 30. März 2021 im RRB 215/2021 noch der Meinung war, dass eine «separate Steuerbemessungsgrundlage für eine bestimmte Treibstoffart innerhalb der gleichen Fahrzeugkategorie» abzulehnen ist und deshalb beantragt hat, die Motionen nicht erheblich zu erklären, nun eine Teilrevision des Gesetzes mit genau dieser Stossrichtung/Zielsetzung vorlegt.
Für die Grünliberalen gilt die Forderung der Motion M 15/20, dass «im Gesetz über die Motorfahrzeugabgaben die Besteuerung von Motorfahrzeugen mit ausschliesslich elektrischen Antrieben separat geregelt werden» soll, «um unerwünschten Verzerrungen zu beseitigen» nach wie vor. Wir begrüssen es deshalb, dass der Regierungsrat schon ein gutes Jahr nach der Nichterheblichkeitserklärung der Motion M15/20 im Mai 2021 das Thema wieder aufgenommen hat.
Bei einer Revision soll sich die Berechnung der MFZ-Steuer für emissionsfreie Fahrzeuge aus Sicht der Grünliberalen primär am Gesamtgewicht des Fahrzeugs orientieren, um dem Verursacherprinzip besser Rechnung zu tragen.
MFZ-Steuern für Verbrenner sollen kontinuierlich steigen
Mit Verbrennungsmotoren betriebene Fahrzeuge stossen CO2 aus und tragen damit zum Klimawandel bei. Im Jahr 2020 wurden 39% der CO2-Emissionen der Schweiz vom Verkehr erzeugt. Zwischen 1990 und 2020 sind die verkehrsbedingten CO2-Emissionen lediglich um 7% gesunken. Der Anteil von Neuzulassungen von emissionsfreien Fahrzeugen muss deshalb weiter deutlich erhöht werden. Heute gibt es auf dem Markt eine breite Palette von E-Fahrzeuge und somit gute Alternativen zu Verbrennern.
Negative steuerliche Anreize können dazu beitragen, dass der nach wie vor hohe CO2-Ausstoss des Verkehrs schneller sinkt. Statt Steuern für Verbrenner auf dem aktuellen Niveau einzufrieren, sollen diese aus Sicht der Grünliberalen schrittweise angehoben werden und in Zukunft kontinuierlich steigen.
Keine weitere Senkung der MFZ-Steuern
Insgesamt ist die Mobilität zu einem zu tiefen Preis verfügbar, wird entsprechend im Übermass nachgefragt und wächst in der Schweiz seit Jahren ungebremst. Die Mobilität des Einzelnen wird damit zu einer Belastung für die Allgemeinheit und hat einen Verlust an Lebensqualität zur Folge; Landschaften werden zubetoniert und gehen für immer verloren, Schadstoff- und Lärmimmissionen beeinträchtigen die Gesundheit.
Die externen Kosten des Verkehrs betrugen im Jahr 2019 rund 14 Milliarden Schweizer Franken. Davon entfallen 70% oder 9.8 Milliarden Franken den privaten motorisierten Strassenverkehr[1]. Die vom Strassenverkehr verursachten Kosten werden derzeit also nur ungenügend durch die Verursachenden getragen.
Die Motorfahrzeugsteuern sollten aus Sicht der Grünliberalen einen Beitrag zur Deckung der externen Kosten leisten. Auch um das ungebremste Wachstum des motorisierten Individualverkehrs zu dämpfen, sind höhere Strassenabgaben anzustreben. Nachdem bereits am 01.01.2020 die MFZ-Steuern um 25% gesenkt wurden, ist eine weitere Senkung - auch wenn sich diese nur auf emissionsfreie Fahrzeuge konzentriert - folglich nicht angezeigt. Wenn eine Bevorzugung von emissionsfreien Fahrzeugen gegenüber Verbrennern erreicht werden soll, kann das über eine Anhebung der MFZ-Steuern für diese Fahrzeugklasse erfolgen.
Finanzierung des Strassenwesens
Genügend Mittel für die Strassenkasse
Die Spezialfinanzierung Strassenwesen muss aus den nachstehend aufgeführten Gründen aus Sicht der Grünliberalen ausreichend alimentiert werden. Nur mit einer gut gefüllten "Strassenkasse" können die vielen anstehenden Aufgaben erfüllt werden:
- Die Zubringer und Anschlüssen zu den Nationalstrassen werden neu vollumfänglich über die Spezialfinanzierung Strassenwesen getragen. Dabei sind Tunnellösungen aus Sicht der Grünliberalen zwingend, um die Eingriffe in die Landschaft möglichst gering zu halten. Für die Realisierung der neuen bzw. auszubauenden Autobahnanschlüsse Halten, Wangen Ost und Arth sind also erhebliche finanzielle Mittel aus der Spezialfinanzierung Strassenwesen erforderlich. Gleiches gilt auch für Projekte wie die Umfahrungen in Küssnacht und Rothenthurm.
- Die Leistungsfähigkeit des strassengebundenen öV darf nicht wegen Staus gefährdet sein. Es braucht deshalb zusätzliche Investitionen ins Strassennetz (Busspuren, Busbevorzugung).
- Zur Entlastung des Verkehrssystems ist der Aufbau einer überregionalen Langsamverkehrsinfrastruktur entlang und auch abseits von Kantons- und Verbindungstrassen erforderlich. Das Tempo muss in diesem Bereich - auch wegen dem neuen Veloweggesetz - deutlich erhöht werden, was ebenfalls zusätzliche Mittel bedingen wird.
Längerfristig sollten aus Sicht der Grünliberalen weitere Anpassungen bei der Spezialfinanzierung Strassenwesen, wie höhere Beiträge des Kantons an die Verbindungsstrassen und eine sachgerechte Verwendung der LSVA-Gelder geprüft werden. Um diesen Wegfall bzw. die höheren Kosten für die Verbindungsstrassen zu finanzieren müssten die MFZ-Steuern in Zukunft ansteigen.
Verursachergerechte Finanzierung der Verbindungsstrassen
Gemäss §§ 59 ff. des Strassengesetzes richtet der Kanton den Gemeinden und Bezirken an deren Verbindungsstrassen aus der Spezialfinanzierung Strassen jährlich Beiträge aus, welche höchstens 8 % des Bruttoertrags der Motorfahrzeugabgaben umfassen. Damit fliessen jährlich Beiträge im Umfang von rund 3 Mio. Franken an die Bezirke und Gemeinden. Die effektiven Kosten für den Bau und Unterhalt der Verbindungsstrassennetzes dürften um ein Mehrfaches höher sein.
Die überkommunale Strasseninfrastruktur ist nach Ansicht der Grünliberalen primär durch die Strassenbenutzer und nicht aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren (Verursacherprinzip).
Die Regierung hat mit dem RRB 158/2021 vom 9. März 2021 das als erheblich erklärte Postulat "P 10/19: Anpassung Kantonsstrassennetz an die aktuellen Gegebenheiten" nicht umgesetzt und hat - entgegen dem Auftrag des Kantonsrats - beschlossen auf eine Übernahme bisheriger Gemeinde- und Bezirksstrassen durch den Kanton zu verzichten". Damit wird das Verursacherprinzip auch weiterhin nicht eingehalten. Aus diesem Grund sollten aus Sicht der Grünliberalen die Beiträge aus der Strassenkassen gemäss §§ 59 ff erhöht werden, um die Finanzierung des überkommunalen Strassennetzes zu gewährleisten.
Keine LSVA-Gelder für die Spezialfinanzierung Strassen
Die LSVA-Gelder sollen aus Sicht der Grünliberalen, wie bereits in der Motion «M 10/19: LSVA-Gelder zur Deckung der Klimakosten des Strassenverkehrs» gefordert, nicht zur Alimentierung der Strassenkasse eingesetzt werden, sondern «zum Ausgleich der ungedeckten Klimakosten und zur Verminderung weiterer Klimaschäden durch den motorisierten Strassenverkehr». Auch die Eindämmung der negativen Auswirkungen des Verkehrs (wie Lärmschutz etc.) und der ungedeckten externen Kosten soll durch die LSVA-Abgabe finanziert werden.
Anträge
Leistung ist keine geeignete Grösse zur Besteuerung von E-Fahrzeugen
Für Fahrzeuge mit ausschliesslich elektrischem Antrieb macht die Besteuerung nach Leistung keinen Sinn, da die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Betriebs dieser Fahrzeuge in keinem direkten Zusammenhang mit der Leistung der Motoren stehen. Die in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Anpassung der MFZ-Steuer für emissionsfreie Fahrzeuge basiert - wie bei Verbrennern - primär auf der Leistung des Fahrzeugs (vgl. Abbildung 1) und das Gesamtgewicht spielt eine nur untergeordnete Rolle. Wie der Abbildung zu entnehmen ist, sinkt die MFZ-Steuer mit zunehmendem Fahrzeuggewicht sogar leicht.
Da grössere und schwerere Fahrzeuge einen grösseren Fussabdruck haben (Energieverbrauch, Reifenabrieb, Belastung der Strassen, Lärm), sollten sie stärker besteuert werden als Fahrzeuge mit nur geringem Gesamtgewicht. Dies ist mit der vorgelegten Vorlage nicht erfüllt. Der Ansatz, dass auch für emissionsfreie Fahrzeuge weiterhin die Leistung der entscheidende Faktor für die Bemessung der MFZ-Steuer sein soll, ist nicht zukunftstauglich. Die Motorenleistung steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Fussabdruck eines Fahrzeuges.
Wenn jetzt eine separate Berechnung der MFZ-Steuern für emissionsfreie Fahrzeuge eingeführt werden soll, dann ist dem im Vergleich zu Verbrennungsmotoren völlig anderen Verhältnis von Motorenleistung zu Gesamtgewicht bei Fahrzeugen mit Elektromotor zwingend Rechnung zu tragen. Die neue Formel zur Berechnung der MFZ-Steuer für emissionsfreie Fahrzeuge soll sich deshalb primär am Gesamtgewicht des Fahrzeugs orientieren.
Antrag 1: Die Grünliberalen beantragen, dass sich die Berechnung der MFZ-Steuer für emissionsfreie Fahrzeuge primär am Gesamtgewicht des Fahrzeugs orientiert.
Erhöhung der MFZ-Steuern für Verbrenner
Für Verbrenner kann die bestehende Formel aus Sicht der Grünliberalen weiterverwendet werden. Zwar ist auch hier die Besteuerung nach Leistung nicht wirklich sachgerecht. Immerhin ist aber die Korrelation von Motorenleistung und Gesamtgewicht bei Verbrennern noch eher gegeben. Aus diesem Grund und um zu verhindern, dass ein Grossteil der sich in Betrieb befindlichen Fahrzeuge anders besteuert werden muss, ist eine Anpassung des Berechnungsverfahrens eher nicht angezeigt.
Die MFZ-Steuer für Verbrenner soll hingegen über einen längeren Zeitraum kontinuierlich angehoben werden, um den Anteil von Verbrennern am gesamten Fahrzeugpark stetig zu reduzieren. Dies kann zum Beispiel durch eine Ergänzung der aktuell zur Anwendung kommenden Formel mit einem zusätzlichen Faktor (CO2-Index) erfolgen. Dieser CO2-Index wird jährlich angepasst. Ausgehend von einem Wert von 1,0 wird der Index jedes Jahr mindestens um einen Wert von 0,1 erhöht, so dass sich nach 10 Jahren ein Index von 2,0 ergibt, was einer Verdoppelung der MFZ-Steuer gegenüber heute entsprechen würde.
Antrag 2: Die Grünliberalen beantragen, dass die Formel zur Berechnung der MFZ-Steuer für Verbrenner mit einem weiteren Faktor (CO2-Index) ergänzt wird, der über den Zeitraum von 10 Jahren stetig erhöht wird, derart, dass sich die MFZ-Steuern für Verbrenner über diesen Zeitraum mindestens verdoppeln. Ausnahmen für Sonderfahrzeuge sollen möglich sein.
Zusammenfassung
Die Grünliberalen erachten eine Anpassung der Besteuerung von emissionsfreien Fahrzeugen als überfällig. Die in der Vernehmlassungsvorlage enthaltene Formel zur Berechnung der Verkehrssteuer orientiert sich aber am bestehenden Ansatz für Verbrenner, der primär auf die Motorenleistung abstellt und damit für die neuen Fahrzeugtypen mit E-Antrieb nicht tauglich ist.
Wenn jetzt ein neuer Ansatz zur Steuerberechnung für emissionsfreien Fahrzeuge eingeführt werden soll, so muss dieser den neuen technischen Gegebenheiten zwingend Rechnung tragen und verursachergerecht ausgestaltet sein. Die Grünliberalen schlagen deshalb für emissionsfreie Fahrzeuge eine Besteuerung vor, die sich primär am Fahrzeuggewicht orientiert und bei der die Motorenleistung nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Um den Umbau des Fahrzeugpark hin zu emissionsfreien Fahrzeugen zu beschleunigen, soll die MFZ-Steuer für Verbrenner schrittweise angehoben werden. Ein entsprechender Mechanismus ist im Gesetz festzuschreiben.
Freundliche Grüsse
Lorenz Ilg, Präsident
Rudolf Bopp, Kantonsrat
[1] Bundesamt für Raumentwicklung (2022), Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz, Strassen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr 2019