Freitag, 17. Juni 2022

Vernehmlassung zur Teilrevision des Enteignungsgesetzes EntG

Sehr geehrte Herr Regierungsrat Rüegsegger, Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben uns Gelegenheit geboten, eine Stellungnahme zur Vernehmlassungsvorlage «Teilrevision des Enteignungsgesetzes EntG» einzureichen. Gerne nehmen wir diese Möglichkeit wahr und geben folgende Stellungnahme ab:

Allgemeine Anmerkungen

Die Grünliberalen haben bereits anlässlich der Diskussion der Motion 14/20 vom 18. November 2020 im Kantonsrat darauf hingewiesen, dass Enteignung für Betroffene, egal ob Landwirte oder Private, immer schmerzhaft und als allerletzte Lösung betrachtet werden soll. Daher ist auch eine mindestens dem Marktwert entsprechende Abgeltung gerechtfertigt. Es ist auch nachvollziehbar, dass Landwirte für ihr Kulturland im Falle einer Enteignung einen möglichst hohen Wert vergütet haben wollen, da sie nicht nur ihr Eigentum, sondern allenfalls auch Produktionskapazität verlieren.        
Da der nach  BGBB festgesetzte Verkehrswert kein Marktwert ist, stellt sich die Frage, ob dieser eine gerechte oder zu tiefe Abgeltung ist. Dies ist eine auch politisch gefärbte Abwägungsfrage, welche der Kantonsrat mit 85:5 Stimmen als mit zu tief beurteilte und damit den Auftrag zu einer Teilrevision mit Dreifacher Abgeltung erteilte. Bei der GLP fällt diese Meinung hingegen knapper aus. Dies besonders auch weil, nicht nur der bisherige Schätzwert verdreifacht, sondern auch die bisherigen Zuschläge weitergeführt werden sollen. Zudem bestehen für die Grünliberalen nach wie vor rechtliche Bedenken an der vorgeschlagenen Verdreifachung des Schätzwertes gemäss dem bäuerlichen Bodenrecht.

 

Detail Ausführungen

Der Bund hat sich im Gegensatz zum bisherigen Recht im Kanton für eine dreifache Abgeltung  des Schätzwertes entschieden. Speziell für Betroffene ist es nur schwer nachvollziehbar, wieso für das enteignete Land mehr Geld beim Bau einer Autobahn, aber weniger beim Bau einer Kantonsstrasse oder einem Trottoir bezahlt werden soll. In beiden Fällen wurde das Land enteignet. Dies und auch Harmonisierungsvorteile sprechen für die Anpassung des kantonalen Gesetzes.     

 

Den vom Bund durchgeführten Projekten, die nur nach vorgängiger Enteignung von Kulturland umgesetzt werden können, dürfte jedoch in der Regel eine grössere Bedeutung zukommen als kantonalen oder gar kommunalen Projekten, weil sie mehr Leute betreffen oder Teil einer nationalen Lösung sind. Dies könnte sich auf dem freien Markt – würde er für Kulturland spielen – tatsächlich günstig auf die Verhandlungsposition des Verkäufers auswirken. Dieser könnte also durchaus bei Bundesprojekten einen höheren Verkaufs- resp. Enteignungspreis erreichen. Für Kulturland gibt es aber keinen freien Markt und somit auch keine nachfragegesteuerten Unterschiede, da auf den nach den Vorgaben im BGBB festgesetzten Verkehrswert zurückgegriffen wird. Daher könnten Unterschiede beim Abgeltungsfaktor durchaus akzeptiert werden.

 

Die rechtliche Natur der auf Bundesebene eingeführten Dreifach-Regelung hingegen, ist nach wie vor ungeklärt. Warum kommt sie nur im Falle von Kulturland zur Anwendung und werden damit weitere Begehrlichkeiten von Dritten geweckt, die zu weiteren Anpassungen führen? Handelt es sich bei der Verkehrswertanpassung ausserhalb des BGBB um einen Unfreiwilligkeitszuschlag oder um eine andere Form einer zusätzlichen Entschädigung? Wenn ja, wofür? Könnte allenfalls die «Sonderopfer-Theorie» zur Begründung eines Zuschlags herangezogen werden?   
Aufgrund dieser zahlreichen Bedenken regen die Grünliberalen an, diesen Unklarheiten bezüglich der rechtlichen Natur noch nachzugehen.

 

Auf kantonaler Ebene stellt sich zudem die Frage der Verfassungsmässigkeit der verlangten Gesetzesanpassung. Sowohl nach der Bundesverfassung als auch nach der Verfassung des Kantons Schwyz sind Enteignungen (nur) voll zu entschädigen. Entsprechend ist unklar, ob der Gesetzgeber über die verfassungsrechtlich vorgegebene «volle Entschädigung» hinausgehen und eine höhere Entschädigung als den Verkehrswert vorsehen darf. Das Bundesgericht hielt aber fest, dass es den Kantonen nicht verwehrt sei, den Enteigneten mehr als den ganzen Schaden zu ersetzen.

 

Da es zudem nicht auszuschliessen ist, dass die aktuelle Regelung tatsächlich nicht zu einer vollen Entschädigung im Sinne von Art. 26 Abs. 2 BV führt, bleibt es letztlich eine Abschätzungsfrage um welchem Faktor man den BGBB festgesetzten Verkehrswert erhöht. Vor allem pragmatische Gründe sprechen für eine Angleichung an die bundesrechtliche Regelung.
 

 

Empfehlung

Die Grünliberalen können nicht ausschliessen, dass die aktuelle Regelung tatsächlich nicht zu einer vollen Entschädigung im Sinne von Art. 26 Abs. 2 BV führt. Pragmatische Gründe sprechen für eine Angleichung an die Dreifach-Regelung. Die Grünliberalen empfehlen daher, aus kantonaler Sicht diese einer weiteren Prüfung und Begründung zu unterziehen, allenfalls mit Bezug auf die «Sonderopfer-Theorie»        

  
Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme unserer Stellungnahme und ersuchen Sie höflich unsere Anregungen und Vorschläge zu berücksichtigen.
 

Mit freundlichen Grüssen      
Grünliberale Partei Kanton Schwyz